Schön, dass wir unserem Verstand nicht unbedingt trauen können
Vor(weg)wort
Auf der Suche
nach der schlussendlichen
Weltformel
sind schon viele verzweifelt,
gescheitert.
Versuchen wir’s erneut:
„Alles, was ist, ist.“
– Aber: Was ist „ist“ ?
Das Sein ohne Werden und Vergehen?
Schade. Oder schön.
Schon wieder gescheitert.
Und Erkenntnis hinzugewonnen.
Wie lange dauert das "Jetzt"?
Leicht gesagt, dieses Wort, und jeder meint (und scheint) es zu verstehen, dieses Jetzt. Tu das jetzt! Jetzt ist der Moment! Ich hab das grad jetzt vergessen. ... ... ...
Wie lange dauert das Jetzt? Hat es überhaupt eine Dimension? Etwa die des Augenblicks. Wenn man den als Augen-Blick bewertet, also ein "schneller Blick drauf" oder die tatsächlich existierende Schrecksekunde, hat das Jetzt durchaus eine Zeitspanne: in etwa eine Drittelsekunde. Das ist nachmessbar. Solange braucht in optischer Impuls vom Auge bis zur Auswertung im Gehirn. Gefühltes oder Gehörtes auch (zwischen tatsächlich sein und merken = wahrnehmen besteht immer eine zeitliche Differenz).
Keiner wird leugnen, dass das, was ist, wirklich ist. Aber eben: wie lange dauert ein "ist", also ein Sein oder anders formuliert das Jetzt? Ein Experiment aus der Werbewelt kann klarmachen, um was es geht. Kino kennt jeder, "bewegtes Bild". Stimmt ja gar nicht, Kino besteht aus einzelnen stillstehenden Fotos, die so schnell hintereinander gezeigt werden, dass das menschliche Auge die einzelne Zeigedauer nicht mehr unterscheiden kann und beide ineinander im Gehirn verschwimmen, verweben. Zeigen sie leicht differente Inhalte, erscheint uns das wie Bewegung, obwohl das gezeigte Bild nie und nimmer Bewegung hat.
So, und was ist jetzt Kino, Bewegung oder Stillstandsbilder? Klare technische Antwort: Stillstandsbilder, also "Fotos" im landläufigen Sinne. Aber wegen der Schwäche des menschlichen Gehirns, ein "Jetzt" kurz genug erkennen zu können, ist es ein fließendes Mischmasch, ergo Bewegung. Wie lange dauert das Jetzt? Vom Kino (für Fernsehbilder gilt das gleiche) ziemlich genau kürzer als 1/24 Sekunde. Und nun das Experiment: Man hat in die nicht mehr unterscheidbaren Bilder der "bewegten Szene" ein nur einziges anderes Motiv eingeführt. Im Experiment war es der Ablick und Logo eines Eis am Stil. Gezeigt wurde es ganz normal im Kino, damals, als noch zwischen Vorfilmen und Hauptfilmen Personen mit Bauchläden rumgingen und Eis am Stil verkauften. Ergebnis: Bei diesen Manipulationen wurden erheblich größere Mengen Eis verkauft als bei nicht mit kürzer-als-Jetzt-Werbeimpulsen durchsetzten Filmen.
Das Jetzt kann also kürzer sein als das Jetzt, das wir wahrnehmen.
Ähnliches können wir in der anderen Richtung der Dimension beobachten, der sogenannten Unendlichkeit. Wir wissen oder ahnen, dass das Universum, von dem wir auf dieser Erde ein Teil sind, groß ist, sich ausdehnt, wahrscheinlich nicht unendlich, aber doch "verdammt viel". Und können mit unserer Logik nicht anders als anzunehmen, dass der Raum, in den das sich fast bis zur Unendlichkeit ausdehnende Universum wiederum größer sein muss, weil das Universum ja sonst keinen Platz, keinen Ort, keine Dimension hätte, sich auszudehnen. Wie die Piroschka-Puppen, die Puppe in der Puppe in der Puppe ... - - - das Universum im Universum, im ...
Wenn aber etwas so groß ist, dass es kein Ende hat, hat es dann auch tatsächlich eine Größe? Eine Dimension?
Oder könnte es sogar so sein, dass die Unendlichkeit wie in einem Ring, Kreis, einer Kugel auf das Extrem, das genaue Gegenteil seiner selbst trifft? In diesem Falle auf die Null-Dimension der Zeitspanne namens Jetzt?
(Ach so, ganz nebenbei, soeben haben Sie die Relativitätstheorie des Herrn Einstein gelesen, nur nicht in der bekannten Formel-Form.)
Ich laufe; sagen wir, mit 60 Schritten in der Minute. Dann wäre binnen einer Sekunde ein jeder Schritt Zukunft, Gegenwart, Vergangenheit. Das Jetzt muss also kürzer als 1 Sekunde sein, da ich ja wohl nicht in allen 3 so formulierten und empfundenen Zeitdimensionen zugleich sein kann. Oder doch? Wenn ja, gäbe es übrigens das Jetzt gar nicht. Sondern nur das, was wir aus dem Kino kennen und der altgriechische Philosoph Heraklit in seinem berühmten unendlich oft zitierten Geflügelten Wort "pantha rhei, alles fließt" ausgedrückt hat. Aber nun wissen wir ja vom Kinofilm, was scheinbar fließt, ist in Wirklichkeit Stillstand ...
Könnte daher nicht auch die Unendlichkeit nichts anderes sein als eine nur nicht wahrgenommene Nulldimensionalität, das "alles" also zugleich ein "nichts" sein? So, wie es ja auch keinen Schatten gibt, sondern nur Nicht-Licht; wir aber meinen, der Schatten wäre etwas Eigenständiges. Ist er aber nicht, nochmals: er ist nur nicht-(soviel)Licht. Und weil wir in unserer dreidimensionalen räumlichen Beschränkung etwas, was kein Ende hat, auch gar nicht als Gegenstand, Raum, Gebilde erfassen können, muss eigentlich auch ein unendlich Großes zugleich auch ein unendlich kleines sein. So wie Schatten Nicht-Licht ist, ist Unendlichkeit Nicht-Kleinheit oder umgekehrt, ein "Nicht" und "Jetzt" eben das permanente Unendliche.
(Ach so, noch einmal nebenbei, soeben lasen Sie eine der wichtigsten Aussagen der Physik, Philosophie, Mathematik und ähnlich interpretatorischer Disziplinen, nämlich die Theorie der Eindimensionalität, die zugleich die Logik an und über die Grenze ihrer Möglichkeiten führt).
Es ist vielleicht das spannendste Phänomen, welches wir wahrzunehmen in der Lage sind, dass uns unsere Logik zur Erkenntnis verhilft, das sie – die Logik – gar nicht stimmen kann. Und dass das, was wir zu erkennen glauben, so nicht sein kann, obwohl wir es geistig behandeln können. Wir erleben das Jetzt und wissen, dass es das nicht gibt. Wir sind uns der Unendlichkeit bewusst, ohne sie jemals in Gänze mitmachen zu können.
Das alles wäre vielleicht alles noch Theorie und nutzlos, mentales Gebrabbel ohne praktischen Nutzen, wenn nicht eine einzige, die weltformelhafte Erkenntnis daraus erwachsen könnte:
Fällen wir bitte nie ein Urteil ohne zu wissen, das es wahrscheinlich falsch ist.
Und suchen wir daher bitte weiter nach besserer Erkenntnis.
Ach ja, ganz nebenbei: Und hüten wir uns vor den Menschen, die nicht so handeln.
Derer gibt es nämlich JETZT so UNENDLICH viele.
Die meinen, sie wüssten jetzt unendlich viel.
Und doch nur eins sind: nichts Nützliches. Leider meistens für immer, also unendlich.