Erst versagen wir Bildung. Dann verlangen wir panisch danach.
Was Deutschland angeht, kann man Ross und Reiter benennen. Es waren die initiativen GRÜNEN, die (einst und noch immer) verlangten und verlangen, Bildung, Schulabschluss, Kenntnis-Niveau müssten nicht objektiv determiniert, sondern dem Leistungsvermögen der Schüler, Lernenden angepasst werden. Noch heute gilt als politisch völlig korrekt, dass auch mental behinderte Menschen durchaus ein Abitur machen und haben sollen, dürfen, müssten ...
Und Rechtschreibung? Pah, allez nurr Tsöik von gäßtern, Mus mahn nicght habn, iss Über flüsig.
Die Linke(n), die ja aus revolutionären Anfängen wissen müsste(n), dass die Befreiung aus Abhängigkeit für des Proletariats (also der Bürger- und Arbeiterschaft) nur – und zwar nur! – Bildung heißen kann, schauten und stimmten ungebildet-trottelig dem Bildungsverfall zu. Gewerkschaften mahnten Qualifikation an. Geschehen ist kaum etwas, was über das persönliche Bestreben der Individuen hinausgeht.
Und die so genannte Bürgerliche Mitte, jene Masse aus aus Angst Schweigenden, aus Furcht Feigen und aus Lethargie Wegschauenden kümmerte sich erst gar nicht um die Misere, die seit Jahren, Jahrzehnten erkennbar und von Mal zu Mal deutlicher, dramatischer, folgenschwerer wurde.
War denn – oder ist – Liberalismus, ein „weniger strenges“ und „integratives“ Lernen so verkehrt? Zwischen Idee und Ausführung kann es Diskrepanzen geben: Gut gedacht ist noch nicht automatisch auch gut gemacht. Manch Wünschenswertes kann auch unmöglich zu erreichen sein. So wie auch manch unmöglich Erscheinendes zuweilen möglich gemacht werden kann.
Das Prinzip Meister & Schüler, Lehrender und Lernender, ist ja weder deutsch noch europäisch, nicht neu und schon gar nicht nur ein phantasiertes Gesetz. Es ist eine uralte Erfahrung. Sie existiert in vielen, so gut wie allen (bisherigen) Kulturen, hat sich bewährt und entspricht Logik und Vernunft. Schüler, die das Recht haben, ihr Nichtwissen als überflüssig zu ignorieren, müssen zwangsweise partiell bis prinzipiell unwissend bleiben – mithin dümmer, als es sein muss.
Lernen, das ist (auch) Quälerei in jungen Jahren, die momentane Unlust zu überwinden. Es ist so unvermeidlich und eine unausweichliche Pein, wie Knochenreißen und mentale Langsamkeit, die viele im Alter überkommt. Man kann das eine weder im Alter abwählen, noch sollte man das andere in der Jugend ermöglichen.
Nun haben wir es, ein dummes Volk, das weder richtig schreiben, geschweige denn noch mehrheitlich Kopfrechnen kann, die nicht wissen, ob Jesus der Schwiegersohn von Hitler ist und ob Erich Honnecker in der DDR-Fußballnationalmannschaft ein Tor gegen die BRD-Elf von Helmut Schmidt oder Schön oder so geschossen hat oder der erste Astronaut war, der mit einem Hund im Weltall spazieren ging.
Die vom Grundgesetz so viel kennen wie von der Überlegung, ob Antimaterie nach der Einsteinschen Relativitätstheorie eine negative oder keine Masse haben darf und kann.
Will sagen: Wissen hat für erstaunlich viele Menschen keinen Wert mehr. Man kann sich ja sogar fast-nicht-schreibend und fast-nichts-wissend bis zum Abitur
durchschlagen.
Und was von den Unis kommt, scheint auch nicht unbedingt notwendigerweise ein Studium hinter sich zu haben, denken vor allem die Lebensälteren.
Darüber hinaus, Demokratie, das ist für die meisten kein Rechtssystem, für das in vergangenen Zeiten summa summarum Millionen von Menschen gestorben, elend krepiert sind, weil es als höchstes aller Ideale galt und gilt. Sondern der Anspruch, Geld zu bekommen, wenn man zu faul oder unfähig ist, zu arbeiten.
In deutscher Sprache, zart und fein, einfühlsam und ausdrucksstark, die Empfindsamkeit der Seele ebenso ausdrückend wie Sachverhalte klar und eindeutig benennend, haben Tausende von Denkern und Dichtern geistigen Reichtum und eine schier unerschöpfliche Quelle der Anregung und Blickfeld-Erweiterung geschaffen und hinterlassen. Allein – das ist verschwunden; in dem Sinne, dass es nur noch wenigen Verbliebenen von Vokabular und Sensitivität für Worte her erhalten blieb und intellektuell zugänglich ist.
Der Rest des Volkes bellt, nuschelt, beschränkt sich auf weniger als 500 Worte, spuckt Vokabeln daher wie ekelhaften Rotz. Unsere Schrift- und Sprachkultur – tot, weitgehend und weit gehend zugleich (Bravo dem, der den Unterschied begreift).
Mit dem Verständnis für (differenzierte) Sprache ging auch das (gegenseitige) Verstehen verloren. Das ist eine Katastrophe, der perfekte Horror. Wir
schwätzen zwar immer noch, manchmal auch immer mehr – doch zunehmend reden wir aneinander vorbei.
Im Informations- und Kommunikations-Zeitalter ging uns wegen des Verlustes der Kunst, mit Worten zu jonglieren, die Lust verloren, sich auszudrücken und vor allem zuzuhören!
Wer von außerhalb Deutschlands hierhin kommt, von dem wird erwartet, Deutsch zu können. Aber nicht, deutsch zu denken – oder der Deutschen Denken verstehen zu wollen. Und ginge es danach, dass ausgewiesen wird, wer nicht richtig Deutsch kann – mehr als die Hälfte der Deutschen hätten das Land zu verlassen.
Der Staat wollte Doofe, nun hat er sie. Und mit den Nichtwissenden kam wieder politischer Extremismus, wurde Toleranz in weiten Teilen
durch Intoleranz verdrängt, war Zoff statt Friedfertigkeit an der Tagesordnung. Frechheit siegt, Wissen wird verlacht.
Die Opfer von Gewalt und Aversion stellt man nicht selten als Täter – nämlich Provokateure – dar. Indem wir vor Brutalität kuschen, schützen wir die Täter.
Das geht bis ins Absurde, Widersinnige, – ja, ins total Blöde: Wir verlangen von den Deutschen, sie sollten alles tun, damit sich die Fremden integrieren (können). Wäre es nicht natürlich, die bewusst hier Einwandernden müssten alles tun, dieses Land zu verstehen, um darin zurecht zu kommen?
Ich spreche nicht von „deutscher Leitkultur“ oder ähnlichem, es geht nicht darum, jemand (anderem und fremden) Deutschtum aufzuzwingen. Es geht um Logik: Nicht Integration ist zu fordern, sondern sprechen, sich ausdrücken, verstehen, differenzieren können, wissend und „klug sein“ ist zu fördern, wer den Schutz der Demokratie und Freiheit in Anspruch nehmen will. Dass dazu Hilfen geboten werden müssen, ist so selbstverständlich, dass es eigentlich gar nicht erwähnt werden müsste.
Die Welt steht Kopf. Und kaum einer merkt's. Oder will nicht wahrhaben, dass die Dummheit, die viele mit Stolz vor sich hertragen, eine echte, keine gespielte ist. Noch halten Bürgerliche und gutgläubig positiv Denkende die Krakeler für Menschen, die wie in einem gelegentlichen Alk-Rausch ein wenig benommen sind und dann wieder zu sich kommen. Noch geht die Regierung davon aus, das Volk zu vertreten ... – der Irrtümer dieser Art werden täglich mehr.
Der Beweise gibt es viele, der Irrwitz hat Methode. Jemand, der nichts tut (also „nichts leistet“, auch weil es ihm verboten, verwehrt sein mag), wird als „Leistungs-Empfänger” bezeichnet. Leistungs-Geber, neuerdings High-Performer genannt, dürfen sich mit dem Burnout zufrieden geben. Man solle nicht alle „in einen Pott werfen“, aber Diskriminierung ist verpönt – wobei Diskriminierung wortwörtlich bedeutet, zu unterscheiden. Eben: weil wir Sprache verhunzen, gehen uns die Vokabeln aus, Sinnhaltiges auszudrücken.
Wie so oft im Leben, eigentlich ist die Lösung des Problems sehr einfach. Wahrscheinlich zu einfach, um es zu verstehen. Das Prinzip der natürlichen Evolution heißt – Darwin hat es formuliert – „Survival of the fittest“ – zu deutsch: es überleben, die am besten (an die Umstände und Verhältnisse) angepasst sind (engl. to fit = anpassen). Alle zusammen sind eine Symbiose, ein Biotop; jeder profitiert von anderen und anderem. Sprichwörtlich: Ein Geben und Nehmen. Krasser: Fressen und gefressen werden. Dabei ist diese Entwicklung keineswegs gesteuert, sondern sich selbst überlassen. Das macht den Erfolg des Prinzips aus – es ist selbst-regulierend. Und genau das ist der entscheidende Punkt: Politik akzeptiert nicht die Selbstregulierung, sondern will regulierend eingreifen. Will Vorteile sichern und Nachteile kleinreden. Das ist, gemessen an dem, was die Natur uns vorgibt, dumm. Noch dümmer ist, dass wir dies einerseits nicht bemerken und andererseits nicht wahrhaben wollen – mehrheitlich jedenfalls. Wir glauben an die Allmacht der menschlichen Gestaltungsmöglichkeiten, und das wiederum ist eine Folge „akademischer Verblödung”, die Lernen und Erkennen oft aufgibt zugunsten des Dogmas, was der Mensch erreichen will, das könne auch geschehen. Übermut statt Demut sozusagen.
Dass eine soziale Gesellschaft, also ein Staat, nicht reguliert werden kann, sondern die Freiheit der Selbstregulierung braucht, das wurde nie gelehrt. Nun weiß es keiner (kaum einer), und die Folge ist Gewalt; Gewalt, um sein jeweiliges Monopol durchzusetzen.
Deutschland ist in Aufruhr. Schon ertönt Geschrei, nun sollen aber mal die Krawallmacher wieder ruhig sein, die Dummdreisten zur Einsicht zurückkehren, die ungehemmt Aggressiven und kriminellen Verbrecher das Böse ihrer Taten bedenken. – – – Ja, wie denn? Wo sollen denn die Nichtwissenden das Wissen hernehmen, um sich selbst erkennen zu können? Wie sollen zu Hass und Gewalt erzogene Menschen (ach ja, bei der Gelegenheit: Danke, Fernsehen und Kino, für 50 Jahre und länger Mord, Totschlag, Krieg, Gewalt, Kampf, Knallerei, Gehässigkeiten ohne Ende, danke, danke, danke!) die Brüderlichkeit einer echten humanen Religion kennen? Islam? Ist das nicht, wenn man Bombengürtel trägt? Christentum, ist das nicht, wenn man Wasser predigt und Wein trinkt? Jüdisches, ist das nicht, andere Völker zu bombardieren? Hinduismus, ist das nicht Gewalt gegen alle und jedes durch brutales Kastenwesen? Buddhismus, ist das nicht dieser lächelnde alte Mann, der für die da ist, die der Welt fliehen wollen? Religion, Philosophie, natürlicher Anstand als Leitlinie – – – wie, wo, wann soll das die Mehrheit der in der Bundesrepublik Deutschland Anwesenden erfahren, gelernt, "eingebläut" bekommen haben?
Wir haben der Dummheit Raum gegeben. Nun sind wir – ist Deutschland – ein Raum der Dummheit.
Wir wollten es so. Zumindest hat es keiner ernsthaft zu verhindern versucht.
Zu dumm aber auch.
Plötzlich kommen wieder einige Neunmalkluge auf die Idee, man müsse fordern, dass die Dummen der Bildung zugeführt werden. Weil die Dummen denen, die glauben oder hoffen, es nicht zu sein, ganz fürchterlich Angst machen.
Es gibt nun einmal Situationen, da ist zu spät zu tun, was eigentlich schon längst hätte getan sein müssen.
Der Bauer, der erst im Herbst die Frühjahrssaat sät, wird wintertags hungern müssen !