Manchmal ist es einfach gedankenlos, sehr oft die pure Unwissenheit, oder eine hier im Bergischen durchaus übliche Geisteshaltung, über alles und jedes zu meckern, ohne sich vorher erkundet und geschweige denn für Abhilfe gesorgt zu haben. Solingen ist kreativer, kultureller, mehr voller Kunst und Können, als es im allgemeinen und im öffentlichen Bewusstsein wahrgenommen und dargestellt wird. Ein ganz, ganz klein wenig können vielleicht diese "Sendungen" hier dazu beitragen, die Vielfalt der Klingenstadt zu belegen.
Eine persönliche Bitte: Hektiker und schnell-mal-eben-kreuz-undquer-Leser
mögen bitte dieser Seite fernbleiben. Sie werden kreuzunglücklich bis gelangweilt sein.
Menschen, die noch Zeit haben, ihr Gehirn zu benutzen, sind herzlich eingeladen,
gerne auch länger zu verweilen ... :-))
Ich kann nicht anderes. Ich muss (und will) mich amüsieren. Wenn die eher schon zur Fülle an Körper und Jahren neigenden Damen ihren von Udo Jürgens erteilten Auftrag ("Aber bitte mit Sahne") erfüllt haben, vom Café kommend gen Rolltreppe schrankeln (ist offizielles Solingerisch für ,mühsam gehen'), kommen sie zwangsläufig an der cal-Galerie vorbei. In deren Inneren sich dann die Hölle der Sünde (Sahne ist keine Sünde) auftut, wenn ein seriös wirkender Mann (selbst Maler können so wirken) mit einer Sprichtpistole an einer blankbusige attraktiv-vorgebauten Damen werkelt, als wäre es der Herr Doktor bei der Schönheits-OP (zumindest lassen die keim- und phantasietötenden Fingerlinge solches vermuten). Mit einem entsetzen "Huch, die ist ja nackt!" (stimmt nicht, sie trägt Höschen, wenn auch ein fleischfarbenes) stoßen sie ihre betagten Ehemänner rigoros weiter oder schubsen sie diese fast um; gleichwohl deren Blick liebend gerne sich noch am dargebotenen Szenarium klammern möchte. Allein, Protest hilft nicht, schließlich wurden auch seinerzeit die beiden Kinder im Dunkeln unter der Bettdecke gezeugt, da kann doch nicht mitten in der Mitte Solingens das Schreckliche wahr sein, nämlich die Offenbarung, dass ein Körper vor allem eins ist: schön. Und Kunst.
Betty Bizarre, DJane und Model von internationalem Rang, wird von Zoran Velinov in den Rang eines temporären Kunstwerkes performed.
Physiker und Metaphysiker (zu denen Maler wie ganz generell wohl alle Künstler gehören) trennt das Entscheidende. So heißt es jedenfalls immer. Die Physiker, ganz Wissenschafter, seien mit der Realität verbunden. Und die Künstler ... – na ja, eben. Welch ein schrecklicher Irrtum. Beide leben in gleichen Welten: die der postulierten Phantasie oder der behaupteten Wahrheit. Denn "Weltanschauung", Physik eingeschlossen, ist nichts anderes als ein antrainierter Reflex, die Welt, den Kosmos, die Summe des Allumfassenden in einer bestimmten, meist tradierten Art und Weise zu sehen. Wissenschaft kann vieles beweisen, ohne es erklären zu können. Physiker können messen, ohne die Gründe für das Sein des Gemessenen wissen zu wollen. Und Künstler? Nun, zumindest, wenn sie Zoran Velinov heißen und ein Typ sind, der fest auf dem Boden des Realen nur das Sphärische seines nie müde werdenden Geistes als seine Welt kennt, nun Künstler tun dann genau das gleiche – nur eben total entgegengesetzt. Zoran erklärt in seinen Bildern die Welt, den Kosmos, ohne ihn beweisen zu können. Er will wissen, was vor, hinter, in den Dingen steckt, ohne sie vermessen zu vermessen. Zoran ist vom Kosmos fasziniert, weil er weiß, dass Antworten auf das Grundsätzliche nicht nur auf der beschränkten Erde zu finden sind. Und so malt er Bilder, die "so nicht sein können", die aber – betrachtet man sie – so einleuchtend-natürlich sind, dass man den Mut hat, ihrer Suggestionskraft zu folgen und sich auf ein Raumschiff beamen zu lassen, das als Phantasie alles umkreist und besucht, was außerhalb verknoteter Strukturen ist.
Doch damit ist seine Mission nicht alleine ...
... Zoran Velinov ist mit seiner Mission nicht alleine. Was er, der Maler, mit optischer Losgelöstheit kreiert, entspricht im totalen Reich der musikalischen Akustik das Werk und Wirken von Thomas C. Brueck. E-Musiker der "ersten Garnitur", international wie auch in seiner Heimat Deutschland eine "feste Größe", hat er mit seinem Voyager-Projekt und anderen sphärischen Kompositionen und Konstellationen den Kosmos der Klangbilder bereist, beschrieben, zu Gehör gebracht. Das Glück wollte es, dass die beiden "Passstücke" Thomas und Zoran – sie synchronisieren sich beim Arbeiten, der eine malt, der andere intoniert danach und umgekehrt, es entstehen Tonkaskaden, die dem Pinsel oder Stift folgen – um eine dritte Stimme bereichert wurden, wörtlich genommen. Eela Soley, als Musikerin Saxofonistin (und auch im Gebrauch anderer Blasinstrumente und Flöten virtuos vom Feinsten) lässt mit mal kehliger, mal glasklarer Stimme Tonphrasen wie Nebel wallen und schweben. Wäre es nicht allzu kitschig, die Metapher vom Elfengesang müsste her. Die drei haben wochenlang samstags im Mal-Musik-Studio zusammengewirkt, und heraus gekommen sind nicht nur perspektivische Prospekte auf der Leinwand, sondern auch eine veritable DVD, deren Anhören einer Seelendusche gleich kommt, die man durchaus mit "dem kleinen mentalen Urlaub zwischendurch" bezeichnen darf. Wie die Stücke entstanden, zeigt dieser kurze Film.
Die Mischung macht. Rings umher, in der Clemensgalerie, in der Mitte Solingens, dem Mühlenplätzchen, ein normaler Einkaufs-Samstag. Mit jener Mischung aus hastend-eilenden Verzweiflungskäufern (was noch, wo ... ???) oder aus-Frust-noch-schnell-ein-Schnäppchen-machen-Herumirrlingen und laissez-fair: abhocken, Kaffee schlürfen, Eis schlecken. Da klingt, als käme es von den äußeren Gefilden des Universums, so hallig geben es die nackten Wände wieder, rockiger Blues und synkopisches Tremolo gespannt-gezupfter und saitengeschlagener Gitarren. Nebst kehligen Lauten, die sich zu Gesang gruppieren. Der Rhythmus bremst jeden Hastenden aus und lässt Schlurfende plötzlich wieder wippend weiterschlendern. Ingo Scheuermann und Carsten Nilles, die bis dato noch nie miteinander gejamt hatten, finden von Stück zu Stück besser zu Harmonie. Vollprofis halt.
Und drinnen, auf der Grenzlinie von "neugierige Blicke erlaubt, erwünscht, erzwungen" und "wir wollen unter uns bleiben" (was freilich das pikante des Voyeurismus erst so recht anstachelt, zumal, wenn man die Fähigkeit noch hat, sich wegen eines blanken Busens in Rage zu staunen) pinselt mit zeitrafferähnlicher Geschwindigkeit Mia eine Melange aus weiß und blau erst auf eine Leinwand als Staffage und dann auf einen Körper, der insgesamt als Menschin auf den Namen Teresa hört. Die dann, Pinselstrich für Farbklecks, Stelle für Partie, plötzlich erstens selbst zur (lebenden) Leinwand wird, zweitens mit dem Hintergrund zu einem Gesamtkunstwerk verschmilzt und drittens dafür sorgt, dass bürgerliche Kaffeetanten die Welt mehr verstehen und sich pubertierende Knaben an den Schaufenstern die Nase platt drücken. Will sagen: Hier ist das Leben noch so, wie es sein sollte, wenn alles so wäre, wie man es sich wünschte ...
Das ewige, nicht nur Solingerische Problem: Propheten gelten nichts im eigenen Lande. Solingen hat tolle Maler, viele, immer schon (und andere Künstler). Zur Kenntnis genommen werden sie in der Klingenstadt eher selten und wenn, dann von einem wissend-insiderischen Publikum, von einer Art Kunstinteressierten-Elite, aber kaum von der sprichwörtlich Breiten Bevölkerung. Schade. Bettina Heinen-Ayech ist so eine Malerin von ungemein packender Ausdrucksstärke, die man nicht erst bewundern sollte (nicht nur symbolisch gesagt, „die Welt“ tut es längst), wenn man es ihr nicht mehr sagen kann. Obwohl, da ist sie bekennendes Solinger Mädchen geblieben, sie sich nicht kümmert um das, was die Leute sagen, sagt sie ... — und gibt Einblicke in ihre Gedankenwelten, fußend auf der Summe ihres Lebens. Ihr Sohn, Dr. Haroun Ayech, begleitet sie und ergänzt Anekdotisches.
Wahrlich eins jener kleinodischen Highlights, von denen Solingen mehr zu bieten hat als die öffentliche Meinung und wohl auch das öffentliche Leben zur Kenntnis nehmen.
Namen seien, wie das Sprichwort weiß, Schall und Rauch. Will sagen, nicht weiter wichtig. Können sie aber sein, wenn sie zugleich für Programmatisches stehen, wie ein Titel eines Bildes, einer Ausstellung. Unbunt ist ein solches Wort, über welches man philosophieren könnte: ist denn wirklich bunt das so normale, dass es der Erwähnung des Gegensatzes, der Nicht-Farblichkeit, überhaupt bedarf? Augenärzte und Kommunikations-Theoretiker mögen da ihre spezifische Meinung haben, zwei Künstler aus Solingen zeigten mutig und selbstbewusst die ihrige. Und es gelang ihnen eine leider nur kurze, um so sehenswertere off-mainstream-Hängung/-Ausstellung, die in neue Dimensionen des Sehens führten. Von denen anwesende Künstler (wahrscheinlich sehr zu recht) sagten, es seien eigentlich die uralten, prinzipiellen, grundlegenden. Die eben nur in Vergessenheit geraten sind in unserem schrillbunten Leben.
Fotografie an und jenseits der Grenze des Lichtbildnerischen und „Gemälde“, die eigentlich nur eins sind: auf ewig festgehaltene Dynamik, Kynetik, spontane Emotion (oder auch, wer weiß, emotionale Spontaneität).
Hier findet das Original statt, jene augenzwinkernde „Gehässigkeit“ der Kunst, keine Ausreden des Publikums gelten zu lassen. Die da immer wieder lauten "keine Zeit, bin gerade verhindert, übermorgen gerne, schade – heute nicht". Und dergleichen. Ralf Sommer, der Initiator, sagt klipp und klar: „Wenn man in der Stadt anwesend ist, hat jeder binnen 48 Stunden am Stück Zeit, eine Ausstellung zu besuchen, die in dieser Spanne Tag und Nacht geöffnet ist.“ Der Erfolg dieser Idee ist zum Selbstläufer geworden, sie ist Bestandteil des Kulturlebens der niedersächsischen Landeshauptstadt. Maler und Skulpteure aus Hannover, Niedersachen, Deutschland und andern Ländern zeigen, was sie jüngst geschaffen haben.
Timm Kronenberg griff diese Idee auf und brachte sie nach Solingen, ins Bergische. Seitdem besteht eine Art Kulturpartnerschaft Hannover-Solingen, man stellt gegenseitig aus und nimmt am Event der anderen teil.
Wenn aus Leerstand ein Lehrstand wird, ist das mehr als nur Wortspielerei. Erstens ist es ein Zeichen, dass eine Stadt (leider) nicht mehr die finanzielle Potenz oder infrastrukturelle Attraktivität hat, kommerzielles Leben in die City zu locken und dort zu halten (weil schlichtweg Kaufkraft und Kunden fehlen oder die Situation nicht begehrenswert genug ist). Und zweitens ist es mehr als nur ein „verzweifelter Versuch“, den man als Lösung ohne große Chance abtun könnte. Hier in Solingen hat geklappt, was vielleicht – zumindest für eine begrenzte Zeit – das wortwörtliche „aus der Not eine Tugend machen“ sein könnte, nein: IST. Weil jetzt Kunst sozusagen im Mittelpunkt, in Schaufenstern steht und damit unübersehbar öffentlich ist.
Dank an das Management der Clemens-Galerien, die Räume zur Verfügung zu stellen und Dank an viele Solinger Künstler im cap-Team (city-art-project), die mit beharrlicher Geduld bei der Stange bleiben, auch wenn, wen wundert's, das Solinger Publikum weniger Kunstwerke gegen Bares kauft, als eigentlich schön und erhofft wäre ...
Interview mit Timm Kronenberg
Interview mit Elmar Horlitz
Interview mit Beatrix Deus
Interview mit Conny Schüssler
Interview mit Uli Pabst
Interview mit Monika & Michael Bauer-Brandes (Eventschmiede Solingen)
Wer wieder einmal anstelle selbst machbarer Erfahrung und der konkreten Realität nur platte Sprüche von sich geben und Vorurteile bis zum Erbrechen aufkochen will, könnte die Solinger Kulturnacht für eine Art Augenwischerei-Legitimations-Veranstaltung halten. Jaaaa, man macht es halt. Aber eben nur, um was getan zu haben. Noch weiter kann man nicht von der Wirklichkeit entfernt sein, als mit solch krudem Gedankenwerk. Nein, Solingen ist und hat Kultur, Kunst, Kreativität und gestalterisch-musisches Können. Und das in so großem Maße, dass kaum Platz in Events und Veranstaltungen bleibt, alles und jedes Sehens-/Hörenswerte zu präsentieren. Die Kulturnacht ist jährlich ein munteres Treiben in allerlei besonderen Locations, die Vielfalt präsent zu machen. Ob im Kult(ur)-Obus, den Museen, anderen öffentlichen Räumen: das ist ein Festival im besten Sinne, nämlich ein Fest für alle Sinne.
Termin vormerken für 2015, Ausreden gelten nicht: Samstag, 11. April 15, abends bis nach Mitternacht. Und, dieses Jahr neu, am Sonntag der KulturMorgen in diversen Locations.
Das war die Kulturnacht 2014 – interviewte Personen: Norbert Feith (Oberbürgermeister); Hans Knopper (Leiter des Kulturmanagements der Stadt Solingen); Gerd Brems (FDP-Ratsmitglied); Micky Reitz (Tanzpädagogin); Möni Quarch (Malerin, Sängerin); Gisela Elbracht-Iglhaut (Stv. Direktorin Kunstmuseum Solingen); Dorothée Coßmann (Sparkassen Kulturstiftung Rheinland); Tim Kurzbach (SPD-Fraktionsvorsitzender Stadtrat Solingen); Schlusskommentar: HGWenke
KULTURNACHT SOLINGEN Was ist das überhaupt – wer, wie, was, warum, wo ... (Audio-Reportage)
In schwieriger Situation ein Hort der Hilfe.
Kinder mit einer Krankheit, die medizinisch unbesiegbar ist, bedürfen oft intensiver Pflege oder Betreuung. Das kann auch deren Familien an den Rank des Erträglichen bringen. Für alle hat das Kinderhospiz Hilfe parat.
Was sind Kunst, Design, Kommunikation ?
Ein persönliches Bekenntnis zu FFF (forms follows Funktion) und Bauhaus
Bekenntnisse zur Seele – und damit zur Kunst
Warum Logik versagt, wenn empfinden "dran ist"
Fotografie: Kunst, weil Technik!
Wie der funktionale Prozess die Möglichkeiten prägt, kreativ zu sein